30 Jahre!

Enteritisches Nervensystem und Entzündungen

Enteritisches Nervensystem

In den vergangenen Jahren beschrieb ich in meinen Fachartikeln mehrfach den Zusammenhang zwischen virusbedingten/bakteriellen Entzündungsprozessen und deren Wirkungen auf das Nervensystem sowie den Einfluß auf die Signalübertragung des neurohormonellen Systems.

Heute möchte ich über die „stillen“ kaum bemerkten Entzündungen im Dünndarm/Dickdarm sprechen die, falls sie nicht in einer Darmspieglung als „Nebenbefund“ -Rötung der Darmschleimhaut gekennzeichnet werden, für den Diagnostiker keine Bedeutung zu haben scheint.

Sie müssen sich also vorstellen, dass ihr Darm ebenso durch ein Nervensystem versorgt wird, wie andere Körperteile auch (Herz, Gehirn, Muskeln etc.) So spricht man von einem enteritischen Nervensystem (ENS) im Vergleich dazu das ZNS (zentrale Nervensystem des Gehirns) Beide Systeme gehören und beeinflussen sich also gegenseitig.

Toxische Substanzen

Durch z.B. vorherige Antibiotika, Cortison, Hormon-Therapien, nicht entdeckter Zahnwurzelentzündungen, bakterieller oder Virusinfektionen , Schwermetallbelastungen aus der Industrie sowie Amalgam-Zahnfüllungen, toxischer Substanzen in unseren Nahrungsmitteln, kann es zu einer Verletzung der kleinsten Gefäße der Darmschleimhaut kommen. Bis zu einer bestimmten Konzentration dieser Stoffe sowie auch in Abhängigkeit der individuellen Entgiftungsleistung des Organismus, kann es zu Schäden an Gefäßen des Dünndarms/Dickdarm kommen.

Wie entsteht die Schädigung des ENS (enteritisches Nervensystem, Bauchhirn)?

Toxische Substanzen führen zu einer Schädigung der Dünndarmschleimhaut. Die Schleimhaut produziert auf diese Gewebeschädigung hin ein sog. „Pflaster“, welches aus proteolytischen Enzymen, aktivierten weißen Blutkörperchen (Leukozyten)Oxidationssubstanzen und weiteres mehr, besteht. Jedoch dieses sog. „Pflaster“ führt zu einer Öffnung der Zellverbindungen (Tight Junctions) der Darmschleimhaut, man könnte auch sagen,d er „Zellklebstoff“ verliert seine Festigkeit oder Integrität. Im weiteren Verlauf werden sog. Zytokine (Entzündungsbotenstoffe) gebildet, die wiederum auch zu einer Schädigung der Innenauskleidung (Endothel) der Blutgefäße führt.

Maßgeblich daran beteiligt sind Leukozyten (weiße Blutkörperchen) die mit ihren Signal und Adhäsionsmolekülen (Bindung von Leukozyten an der Gefäßinnenwand) reagieren. Dieser chemische Vorgang führt gleichwohl zu einer negativen Beeinflussung des enteritischen Nervensystem des Magen-Darm-Trakt. Der Mensch besitzt ca. 400-500 Millionen Neurone in diesem Verdauungstrakt dagegen besteht das Rückenmark nur aus 100 Millionen Neuronen. Dem genauen Beobachter und Leser fällt sehr schnell auf, dass eine Schädigung der Neurone des enteritischen Nervensystems zu weiterreichenden Symptomen des Organismus und funktionellen Störungen des betroffenen Patienten führen können.

Gelingt es dem Organismus nicht oder nur unvollständig das Reparatursystem der Darmschleimhaut zu aktivieren, kann das zu deutlichen Störungen des Darm-Nervensystems führen. Hier sind einige Symptome aufgeführt wie etwa Reizdarm, allgemeine Verdauungsstörungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Histaminintoleranz, Schlafstörungen, Durchschlafstörungen, unklare Leistungsverminderungen, Aktivitätsverlust um nur einige zu nennen.

Hormonproduktion im Dünndarm

Das kommt einigen sehr fremd vor, jedoch über 94% des Neurohormons SEROTONIN werden in sog. enterochromaffinen Zellen des Dünndarms und Dickdarm produziert und ein kleinerer Anteil im Appendix (Wurmfortsatz) Das Serotoninmolekül und ein weiteres, dass Purinmolekül, werden nun aus diesen enterochromaffinen Zellen, direkt in das Nervensystem des Darm abgegeben. (d. wird auch als parakrine Sekretion bezeichnet.)

So ist es nicht verwunderlich, dass z-B. die Übelkeit, welche im Rahmen einer Chemotherapie entstehen kann, darauf zurückzuführen ist, dass die Serotoninproduktion im Darm blockiert oder minimiert wird, da die beruhigende Wirkung des Neurohormons SEROTONIN vermindert ist.

Im Umkehrschluss bedeutet es für eine Vielzahl von Patienten, dass ihre unklare Beschwerdesymptomatik, angefangen mit Magen-Darmproblemen über einen längeren Zeitraum bis hin zu Schlafstörungen, Aktivitäts/Motivationsverlust, Migräne, vegetative Verstimmungszustände, Angst/Panik, unklare Schmerzsymptomatik (fibromyalgische Symptome)unklare Temperaturerhöhunge, Nachtschweiss, auf Störungen des enteritischen Nervensystem zurückzuführen ist.

So ist es also nicht verwunderlich, dass unser enteritisches Nervensystem mit seinen MIKROBEN unser Lebensgefühl unsere Laune sehr stark beeinflusst! So produziert der Darmkeim E.Coli aber auch andere Bakterien z.B. zu ca. 50% das Glückshormon DOPAMIN. Selbst der krankmachende Staphylokokkus aureus, häufig in Nasenabstichen zu finden, produziert dieses DOPAMIN. Dieser Neurobotenstoff DOPAMIN u.a. spielt eine wichtige Rolle für unser Belohnungssystem, Suchtverhalten, Essverhalten, Energiebilanz. Welche Störungen auftreten können, wenn das enteritische Nervensystem einer kontinuierlichen Entzündung ausgesetzt ist, ist in einer Studie der Universität Würzburg beschrieben worden.

Wissenschaftler v. Institut für Virologie und Immunbiologie der Universität Würzburg haben jetzt gemeinsam mit Kollegen in den USA eine überraschende Entdeckung in den Nervenzellen gemacht: z.B. finden sich bei Patienten mit bipolaren und schweren depressiven Störungen in sog. Purkinje-Neuronen eine hohe Infektionsrate mit dem menschlichen Herpesvirus HHV-6. (Purkinje-Zellen sind ein wichtiger Bestandteil des Kleinhirns und verantwortlich in erster Linie für, motorisches Lernen und die Feinsteuerung von Muskelspannung und Bewegung, aber auch für Gefühle, Wahrnehmung, Gedächtnis und Sprache. Gleichwohl kann vermutet werden, dass der HHV-6 nicht nur die Purkinje-Nervenzellen des Kleinhirn beeinflusst, sondern auch die Nervenzellen des enteritischen Nervensystems. Beide Nervensysteme stehen also in einer Kooperation und sind nicht zu trennen!

In diesem Zusammenhang kommt der Studie v. Dr. Bhupesch Prusty Lehrstuhl für Mikrobiologie eine besondere Bedeutung zu, die in der Fachzeitschrift Frontiers in Microbiology veröffentlicht wurde. Viren verharren in verschiedenen Organen und Geweben, einschließlich des zentralen Nervensystems und der Speicheldrüsen, und werden unter Umständen. in Abhängigkeit d. Immunsystems nach Jahren wieder aktiv!!!

In Diagnostik und Therapie ist es dem Therapeuten möglich, einerseits die diagnostischen Möglichkeiten andererseits eine therapeutische Indikation zu formulieren, um den für unsere Patienten bestmöglichen Therapieerfolg zu generieren.

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